Wandern im Karwendel - Tag 1

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Von Pertisau zur Lamsenjochhütte - mein erstes Mal

Text: Rosenegger Hero Marc

Sommer 2015, ich musste einfach mal raus - raus aus dem Alltag, dem Wahn der Arbeitswelt und der Hektik entfliehen. Ich brauchte endlich mal Zeit für mich. Also rief ich meinen besten Freund in Österreich an und teilte ihm mit, dass ich ausgebrannt bin und in die Berge möchte. Ich fragte, ob er Lust hätte sich mir anzuschließen, um eine Bergtour zu machen. Mein Ziel: auf einer Hütte schlafen, ohne Mobiltelefon, fernab jeglicher Zivilisation.

Erste Herausforderung: Wo fahren wir überhaupt hin?

Ich war so ausgebrannt und leer, das merkte mein Freund sofort. Darum bin ich Ihm bis heute dankbar, denn er kümmerte sich um die Organisation der Reise. Auf der Suche nach einer passenden Unterkunft fand er das Hotel garni Rosenegger. Die Bilder auf der Website, die Zimmer und der traumhafte Wellnessbereich mit Sauna und Dachterrasse überzeugte uns - gebucht.
 

Also, los geht´s

Bepackt mit meinem Rucksack und dem was ich am Leibe trug startete ich von Dortmund aus mit dem Zug, machte mich auf eine 12-stündige Reise nach Linz. Dort sammelte mich mein österreichischer Freund ein und wir fuhren mit dem Auto weiter nach Pertisau zum Achensee mit einem kleinen Zwischenstopp am Thumsee (sehr zu empfehlen). Direkt am Wasser genossen wir einen Espresso - der Urlaub hatte begonnen.
 

Ankunft in Pertisau am Achensee

Allein die Ankunft befreite mich von gefühlten 10 Kilo Steinen in meinem Rucksack.

Wenn Sie an der Seestraße entlang fahren, hinein nach Pertisau, empfängt Sie zur Rechten ein traumhafter Anblick.

Vorbei an den großen Hotelbunkern fanden wir unser “Rosenegger”, ein paar Meter vom See entfernt - zum Glück sehr ruhig gelegen, direkt am Bach. Wir konnten direkt vor dem Hotel parken, stiegen aus und betraten “unser Hotel”, noch nicht wissend, dass das einmal unser Lieblingsort wird. Der bemerkenswerte Duft beim Betreten des Hotels versprüht eine unwahrscheinliche Ruhe. Hektik ist hier fehl am Platz. Mit der gleichen Ruhe wurden wir von der Chefin des Hauses herzlichst empfangen. Unser Glück: das Hotel war gerade frisch renoviert, wir waren die einzigen Gäste - ein Traum!

Wir checkten ein und gingen aufs Zimmer. Wir traten in einen großen Raum, hell, modern, warm, das ganze Holz, die Farbkombination aus Grün und Zirben Gelb, das hatten wir nicht erwartet, wir waren wicklich begeister. ...dann, der übliche Rundgang, den man so macht ;-)... Das Bad - WOW, Chic! Der Balkon, toll. Der Ausblick, schön.
Alles hat gepasst!

 

Willkommen in der Ruhezone

Bevor wir am See einen Kaffee trinken wollten, schauten wir uns noch schnell den Wellnessbereich an. Sah er wirklich so aus wie auf den Fotos im Interent? Man kennt das ja ;-)! Wir erlebten gleich die nächste Überraschung. Es war sogar besser als auf den Fotos. Denn, wenn Sie erstmal oben sind und von der Dachterrasse den fast 360 Grad rundum Panoramablick in die Bergkulisse wahrnehmen wissen Sie: HIER BIN ICH ANGEKOMMEN!

Nun gut, das Hotel passte schon mal. Auf zum See. Der nächste, überwältigende Eindruck kam direkt auf uns zu. Wir saßen auf einem Steg, in Loungemöbeln auf weißen Kissen direkt über dem Wasser und blickten in die Berge. Noch vor 16 Stunden stand ich im Feinstaub von Dortmund. Ich war völlig überwältigt. Alles war perfekt. Wir quatschten und die Stunden vergingen.

Tag 1 - Wandern im Karwendel

Morgens, 7 Uhr, der Wecker klingelt uns aus dem Bett. Wir bereiten uns vor, auf die Wandertour zur Lamsenjochhütte, in der wir bereits ein Zimmer gebucht hatten.

Es war für mich das erste mal seit über 25 Jahren, dass ich in den Bergen zum Wandern war. Direkt nach einem unglaublich gutem Frühstück und dem selbstgemachten Omelett der Hotelchefin fuhren wir mit dem Auto zur Gramai Alm. "Dort können Sie das Auto stehen lassen und direkt loslaufen".

Los geht´s: bepackt mit Rucksack, Schlafsack, viel Wasser und Sonnencreme.

Das Ziel, die Lamsenjochhütte auf 1.953 Meter. Das Wanderschild unten am Startpunkt sagt, wir brauchen ca. 4 Stunden.

Okay, ich habe mich so gut es geht vorbereitet. Bin raucher und habe noch bis vor 6 Monaten 99,8 kg gewogen - fit ist also anders.

Schon nach wenigen Metern des Anstiegs merkte ich meine Beine, mir rin der Schweiß über das Gesicht - “das schaffe ich nie”!

 

Der Moment, wenn das Ziel zum greifen nah ist!

Dann war es soweit, hinter dem ersten Fels lugte plötzlich die Hütte hervor. Das Ziel war zum greifen nah - ich war fix und fertig!

Ehrlich Leute, selbst meine Hose ertrank in Schweiß. Meine Pumpe drohte zu platzen… ich wollte nur noch sitzen und mich umziehen. Ich schaute auf die Uhr, wir hatten die Zeit gemessen… drei Stunden!!! Na kein Wunder, dass ich aus dem letzten Loch pfiff - oder? :-)

Auf der Hütte angekommen - und ich war stolz wie Bolle - ließ der Anblick der Bergkulisse jeglichen Schmerz in den Beinen verblassen. Der Anblick der Steilwand hinter der Hütte - unbezahlbar! Wirklich, ein Traum.

Wir zogen die nassen Klamotten aus und bestellten, wie es sich gehört, einen Kaiserschmarrn und ein Hefeweizen - also ich, mein sportlicher Kollege trank einen “Häferlkaffee”. ...ich war übrigens plötzlich der "Lacher" der Terrasse, weil ich meinem Freund den “gesunden Hafer-Kaffee” lauthals empfahl! Konnte ich als deutscher ja nicht wissen, dass das hier ein Kaffee ist, wie bei uns die “Krönung” oder “Tschibo”. Naja, der deutsche halt :-)

Nach einer guten Stunde der Regeneration sollte es nun weiter gehen. Wenn Du auf der Terrasse sitzt, schaut man leicht rechts hoch hinauf auf eine kleine Spitze. Der Wirt meinte noch… “seits in na Stund nauf”... klar! :-)

Wir haben es in 20 Minuten geschafft! Denn, das Wetter drohte um zu schlagen und wir wollten es vermeiden in das Gewitter zu kommen. Also, sind wir förmlich gerannt.

Aber es lohnt sich. Wir empfehlen jedem, der zur Lamsenjochhütte nauf steigt, macht ein kurzes Päuschen und geht hinauf zum Schafjöchl. Es ist jedoch nicht ganz ungefährlich. Eigentlich sollte das als “Klettersteig” gekennzeichnet werden… aber es fehlen die Seile! Also… musst du um den Fels herum, schwindelfrei über einen schmalen Grat, direkt am Abhang über nicht ganz gesichertes Gelände. Dann klettert Ihr weiter über den puren schroffen Fels - es lohnt sich. Der Ausblick ist der Hammer. Aber sieh selbst (das folgende Video - aufgenommen mit meiner GoPro Hero4 - unbearbeitet ;-) )

Wenn das Leben an dir vorbei zieht

Nun, total stolz setzte ich mich auf einen Felsvorsprung und lasse die Seele baumeln. Plötzlich zog das ganze Leben an mir vorbei. Wie in Trance begann ich zu heulen. Ich dachte über mich, mein Glück, mein Leben, meine Gefühle und meine Vergangenheit nach. Ich spürte den Wind in meinen Haaren, aber hören konnte ich ihn nicht! Ich hörte gar nichts!

Irgendwann, nachdem ich plötzlich ein Grinsen im Gesicht hatte und in mir eine unglaubliche Wärme empor floss, drehte ich mich um und suchte meinen Freund. Der saß ein Stück entfernt, etwas sicherer und genoß seinen Müsliriegel.

Ich habe "sage und schreibe" eine ganze Stunde dort gesessen und nicht bemerkt, wie die Zeit verging. Aber, ich war plötzlich glücklich, befreit – ein anderer Mensch! Ob ich in dieser Stunde meinen vielleicht vorhandenen Burnout verarbeitet habe? Keine Ahnung. Ich kann nur sagen, es war befreiend.

 

Ein Unwetter in den Bergen und die Welt geht unter!

Beim Abendbrot auf der Lamsenjochhütte, sehr deftig, aber lecker, rumpelte der Donner um die Hütte, als würde Thor mit seinem Hammer die Berge klein klopfen. Irre.

Gut geschlafen haben wir trotzdem - waren ja auch fix und fertig!
Am nächsten Morgen bot uns sich der folgende Anblick:

Der Rückweg war bereits am Vorabend geplant. Bei tollen und interessanten Gesprächen erfuhren wir, über welchen “Hügel” wir am besten absteigen sollten.

Los gehts, nach einem gesunden Frühstück.
Vorbei am Fuße der Lamsenspitze geht es über ein kleines Gipfelkreuz zum Gramai Hochleger. Von Dort aus sollten wir nun über das Sonnjoch, auf 2.457 Meter – das wäre doch ein schöne Ausklang… so die strammen Burschen auf der Hütte vom Vorabend.

Hmm…, über den puren Fels, rutschige Steinplatten und jede Menge Geröll geht es sehr zähhhhhh den Berg hinaaaauuuufff! 

Aber, nach einem anstrengenden Marsch von ca. 4 Stunden hatten wir es geschafft!

Das Gipfelkreuz war erklommen! Was ein Aufstieg. Toll. Die Belohnung? Ein traumhafter Ausblick über das Karwendelgebirge. Ein toller "Hügel" ;-), die Tour ist zu empfehlen, wenn Du in Pertisau am Achensee bist, wirklich.

Der Tipp war, anschließend über den Klettersteig wieder den Gipfel zu verlassen. Aber zunächst machen wir mal eine Pause und sezten uns ans Gipfelkreuz. Plötzlich, wie aus dem Nichts, stand ein Bergfex vor uns, jauchzend, stöhnend, schimpfend ... “Ja das sei ja eine unverschämtheit, dieser Weg gehört gesperrt, jamei so a schmarrn kruzifix, geh da net runna, junge junge junge!”

"Okaaaaaay"! Dann gehen wir wohl den laaaaangen Weg zurück, den wir herauuuuuuf gekommen sind. :-)

Wir sind gerade auf dem Rückweg, da kommt der Bergfex in Lederhose und Flanellhemd an uns vorbei - in einem Affenzahn überholt er uns. Gut, wir sind ja quasi Anfänger!

Ca. 40 Minuten später kommen wir am Gramai Hochleger an, dort sitzt der gute Mann bereits und genießt sein 1. Weizenbier und grüßt freundlich. Wir bestellen uns einen köstlichen Tiroler Graukäse der super lecker war und tranken eine Apfelschorle. (Seit 2016 ist ein anderer Pächter auf der Hütte, nun schmeckt der Graukäse leider nicht mehr).

 

Der Abstieg ist ja bekanntlich das schlimmste

Nun, frisch gestärkt und erholt wurde es Zeit auf zu brechen. Total motiviert, bald endlich im Auto zu sitzen, führt der Pfad an wunderschönen kleinen Wasserfällen vorbei, durch den Wald mit zwischenzeitlichen Ausblicken bis auf den Achensee. Herrlich, eine tolle Tour… allerdings, zieht der Abstieg sich, wenn man auf dem Rückweg ist! Ich kann Euch sagen… die letzten Meter, mir brannten die Füße, schmerzten die Knie und die Oberschenkel. Ich hatte den Kaffee auf, wie man so schön sagt. Jetzt war der Punkt erreicht, nach über 10 Stunden des Weges – ICH HATTE ABSOLUT KEINE, ABER AUCH WIRKLICH KEINE LUST MEHR! Ich war fix und fertig. Der Kumpel wollte noch reden, ein Pläuschchen halten… “gleich haben wir es geschafft”  sagte er,... ich bin wirklich ein sehr ruhiger Mensch… ABER ICH WOLLTE NICHT REDEN “...halt´s Maul mein Freund, geh, ich will nach hause!” War unfreundlicherweise meine Antwort.

Endlich, unser Startpunkt, die Gramaialm... da saß er schon wieder, der gute Mann vom Sonnjoch, beim 2. Weizen... und grüßte fröhlich! :-) :-)

Am Auto angekommen zogen wir die Schuhe aus und nahmen ein Dampfbad, …. Scherz. :-) ...aber, es tat gut, aus den Wanderschuhn raus zu kommen und die leichten Nike´s an den Füßen zu tragen.
 

Zurück im Hotel

Jetzt waren wir sehr froh, dass wir uns oben im Wellnessbereich im Rosenegger wie zuhause fühlen durften. Wir machten zwei Saunagänge, ich noch ein Dampfbad und dann sind wir auf der Dachterrasse eingeschlafen.

Ich kann euch sagen - etwas schöneres, ruhigeres und entspannenderes gibt es nicht! Für Menschen wie mich und Dich, für Sportler, Familien, Rentner, Wanderer, Biker oder für Durchreisende ist das Hotel Rosenegger in Pertisau am Achensee ideal.

Die Strapazen waren vergessen - wir waren total erholt!

 

Und dann kam Tag 2!!!