Guten Morgen am Sonnjoch
Text: Rosenegger Hero Maria
13. Juni, 4 Uhr morgens – der Wecker klingelt. Noch ganz benommen suche ich dieses unliebsame Ding am Nachttisch, schalte es ab und werfe einen Blick auf die Uhr. Schluss mit Schlafen – ich greife zum Telefon, suche „Mama“ und lasse es klingeln. „Bist du wach?“ frage ich. Sie: „Ja, gehen wir?“ Ich: „Klar, nur noch packen, dann geht’s los.“ „Ok, bis gleich.“ Meine Hündin schaut mich vorwurfsvoll aus ihrem Körbchen an. Kein Wunder um diese Uhrzeit … Ich ignoriere das und mache mich fertig.
Um 5:30 parke ich das Auto im Falzturntal am Parkplatz der Gramai. Unser Weg führt vorbei an der Gramaialm (welche inzwischen schon einer richtigen Hotelanlage gleicht), der Kasalm, der Franze Hütte. Wir folgen einem flachen Schotterweg Richtung Gramai Hochleger, welcher nach einer halben Stunde Gehzeit an Steigung zunimmt. Hier sieht man deutlich, was der Mensch mit seinen Eingriffen in der Natur alles anrichten kann. Das Wegstück zum Hochleger ist nicht ganz einfach zu bewältigen, da man durch das lose Gestein kaum Halt unter den Füßen hat. Stöcke erleichtern den Aufstieg, begeistert sind wir von den abgerutschten Hängen zu unserer rechten Seite allerdings nicht. Bei dem Anblick kann es einem wirklich vergehen. Kanalbauten usw. lassen grüßen …
Mit gedrückter Laune erreichen wir nach gut einer Stunde den Gramai Hochleger. Die ersten Sonnenstrahlen scheinen uns ins Gesicht und nicht weit von der Hütte entfernt dürfen wir drei Gämse bei der Futtersuche beobachten.
Ich richte meinen Blick auf den Weg, der vor uns liegt und stelle erleichtert fest, dass es sich um einen schönen, unberührten Wanderweg, mit Wurzeln, umgeben von Wiesen und unzähligen bunten Alpenblumen, handelt. Wir machen an der Beschilderung bei der Hütte kurz Halt. Zu unserer Linken sehen wir den Gipfel vom Hahnkampl. Ein weiterer Weg führt Richtung Eng – ich frage mich wie viele Leute hier schon im Zuge des Karwendelmarsches unterwegs waren. Zu unserer Rechten erhebt sich das Sonnjoch – da wollen wir hin.
Ich unterbreche meine Hündin beim Schnüffeln an einem Grasbüschel und wir machen uns auf Richtung Gipfel. Laut Beschilderung sollten wir es in circa zwei Stunden geschafft haben. Die Sonne versteckt sich noch hinter dem Berg, was den Aufstieg erleichtert. Wir folgen dem gut gekennzeichneten Pfad, der sich erst durch Almwiesen, dann durch die Latschenzone schlängelt. Die Steigung ist mäßig und wir kommen flott voran.
Nach ca. einer Stunde erreichen wir den Geröllteil des Berges, welcher aber nicht allzu schwierig zu bewältigen ist. Es geht zügig voran und allmählich schaffen es auch die ersten Sonnenstrahlen zu uns, welche uns unsere kalten Hände wieder etwas aufwärmen. Hier oben merkt man den Temperaturunterscheid zwischen Berg und Tal deutlich.
Am letzten Stück strahlt uns die Sonne geradewegs ins Gesicht, behindert uns sogar ein wenig bei unserer Suche nach den rot-weiß-roten Markierungen. Aber davon lassen wir uns natürlich nicht aufhalten. Viele Möglichkeiten sich zu verlaufen gibt es hier oben schließlich nicht.
„Wir haben es nicht mehr weit.“, sage ich zu Mama, als die benötigten Verschnaufpausen häufiger werden. In dem Moment habe ich zwar keine Ahnung wie weit es noch ist, aber meinem Bauchgefühl nach, kann es nicht mehr lange dauern. Da blitzt uns auch schon das Gipfelkreuz entgegen. Wir haben es geschafft.
Eine umwerfende Aussicht
Die Aussicht auf den Rofan, aufs Karwendelgebirge, das Eng- und Rißtal, ins Falzturntal und der Blick auf den Achensee und Pertisau, ist der Wahnsinn. Keine Wolke am Himmel, strahlender Sonnenschein – das Sonnjoch macht seinem Namen alle Ehre. Und das Beste – es ist erst halb 9. Manche krabbeln wahrscheinlich jetzt erst aus dem Bett und torkeln verschlafen ins Badezimmer um sich die Zähne putzen. Und wir stehen schon oben am Berg auf 2457m.
Wir machen es uns gemütlich und füllen unsere Energiespeicher mit Käsebrot, Porridge und Spezial-Apfelsaft gründlich auf bevor wir uns wieder auf den Rückweg machen.
Wir wählen dafür die einfachere Variante und gehen den selben Weg, auf dem wir gekommen sind, wieder zurück. Wer es schwieriger mag, kann über den Bärenlahner Sattel, der trittsicheren und schwindelfreien Bergsteigern vorenthalten ist, absteigen. Oder man beginnt die Tour mit dem schwierigen Weg, der über den eben genannten Sattel führt, und geht dann gemütlich über den Gramai Hochleger ins Falzturntal zurück.
Wir brauchen für den Abstieg über den Gramai Hochleger wieder ungefähr drei Stunden wie zuvor beim Aufstieg, da der Weg übers Geröll dann doch relativ viel Aufmerksamkeit erfordert – sonst landet man unter Umständen ungewollt auf seinem Hinterteil.
Als wir das Falzturntal erreichen, ist schon deutlich mehr los – Familien, kleine Wandergruppen und Mountainbiker sind unterwegs und genießen den frühsommerlichen Tag auf der Alm. Wir spazieren gemütlich zum Auto – meine Hündin ist sichtlich erleichtert, dass sie endlich wieder in ihr Körbchen darf. Mama freut sich auf den gemütlichen Autositz, ich bin froh endlich meine Schuhe loszuwerden und richtig stolz auf mein tolles Wanderteam.